Fast alle Menschen haben von Geburt an das Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Annahme, bei Menschen mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen kann dieses schon ab Geburt beeinträchtigt sein. Dieses Bedürfnis ist eine wahrscheinlich genetisch festgelegte Eigenschaft. Das Fühlen und Erleben von Geborgenheit ist die Voraussetzung einer gesunden körperlichen und geistigen Entwicklung. Es legt das Fundament für den Aufbau einer positiven Beziehungsfähigkeit und Persönlichkeitsentwicklung.
Kinder, die Geborgenheit erleben und annehmen können, entwickeln ein gesundes und wachsendes Interesse an Mitmenschen und Umwelt. Auch im Erwachsenalter bleibt das Bedürfnis nach Körpernähe weiter erhalten. Erleben von Nähe, Vertrauen und Körperkontakt erzeugt tiefes Wohlbefinden und Freude, die auch nach außen hin sichtbar wird. Eine Mangel an körperlicher Nähe bzw. das Unvermögen Geborgenheit und Vertrauen durch Körperkontakt ausreichend erleben zu können, führt zu einem emotionalen Defizit bei betroffenen Kinder und Erwachsenen.
Die Gründe dafür, warum ein Kind ein Mangel an körperlich Zuwendung erleiden kann, sind vielschichtig. Sie können auf Seiten der Bezugspersonen oder des Kindes oder auf beiden Seiten liegen. Zu betonen ist: Das Problem ist nur selten eine unzureichenden Versorgung des Kindes mit elterlicher Zuwendung. Häufig ist das Gegenteil der Fall: Eltern wolle mit ihrem Kind schmusen, aber das Kind nimmt dieses Angebot nur unzureichend an. Häufig hört man solche Eltern sagen: Unser Sohn/ unsere Tochter war noch nie ein „Schmuser". Baut ein Kind eine Körperkontaktblockierung auf, wehrt es sich vordergründig gegen Nähe. In der Tiefe bleibt aber der Wunsch auf Körperkontakt uneingeschränkt bestehen. Die Blockierung bzw. Abwehr ist also nur oberflächlich bzw. ein vordergründig sichtbares Verhalten.
Ist die Fähigkeit, Körperkontakt aktiv zu suchen und anzunehmen, blockiert, geht ein tiefes Leid damit einher. Zum Ausdruck kommt dies in Form von unterschiedlichen Verhaltensauffälligkeiten: Ausgeprägte Machtkämpfe in Familie, Schule und Freundeskreis, aggressives Verhalten, Angststörungen, psychosomatische Erkrankungen, Störungen der Kontaktaufnahme, soziale Unsicherheit. Nicht immer findet man solche schwerwiegenden Störungen des Verhaltens. Der Umgang mit einem betroffenen Kind ist aber in vielen Bereichen oft schwierig. Kinder, die sich Zuwendung und Freude nicht über eine positive Beziehung und Nähe holen können, neigen dazu, vermehrt Aufmerksamkeit in Form von Machtkämpfen zu suchen. Anforderungen und Hilfen werden nur schwer übernommen. Die Eltern brauchen viel Kraft und Ausdauer im Alltag, um sich durchzusetzen. Seelische Verletzungen aller Beteiligten sind die Folge.
Betroffene Kinder suchen seltener aktiv den Körperkontakt zu ihren Eltern, manchmal vom Säuglingsalter an. Viele vermeiden ihn sogar. Sie lassen sich nicht gern auf den Schoß nehmen oder bleiben dort nur sehr kurz ruhig und mit Freude sitzen. Betroffene Babys lassen sich nur schlecht über Körpernähe beruhigen, wenn sie schreien. Viele Kinder werden zunehmend unruhig oder fühlen sich verspannt an, wenn sie von ihren Eltern umarmt werden. Andere hängen teilnahmslos und schlapp da und lassen körperliche Zuwendung nur über sich ergehen, empfinden aber die Wärme und Liebe nicht, die zu ihnen strömt. Egal wie die Reaktionen im Detail aussehen, eins haben alle gemein: Alle Eltern spüren die Abwehr ihres Kindes. Sie fühlen sich abgewiesen und verletzt vom ablehnenden Verhalten ihres Kindes, trauen sich nicht Körpernähe einzufordern bzw. vermeiden diesen aus Angst vor weiteren Enttäuschungen. Das hat zu Folge, dass betroffene Kinder immer weniger positive Lernerfahrungen im Zusammenhang mit Körperkontakt machen und Körperblockierungen noch verstärkt werden.
Das Überwinden der Körperkontaktblockierung birgt große Chancen für das Erleben von Freude und die Intensivierung zwischenmenschlicher Beziehungen. Für Menschen mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen oder autistischen Zügen ist es überhaupt der Weg, um einen positiven Kontakt zu Mitmenschen und Umwelt aufbauen zu können.
Dr. Fritz Jansen, Diplom-Psychologe und Lehrtherapeut für Verhaltenstherapie , hat ein Verfahren zur Überwindungen von Körperkontaktblockierungen entwickelt. Die Behandlung heißt körperbezogenes Interaktionstraining nach Jansen (Abkürzung: KIT nach Jansen®). Ausgehend vom Erleben der körperlichen Geborgenheit machen Kinder und Eltern neue Erfahrungen. Das Erlernen und Festigen positiven Erlebens im Körperkontakt erfolgt über die Berücksichtigung der Lerngesetze. Im Aufbau günstiger Verhaltensweisen, die Körperblockierungen lösen können, geschieht also nichts Mystisches, sondern genau beobachtbare Lernschritte auf dem Gebiet der positiven Körpererfahrung.
Hauptziel von KIT nach Jansen® ist der Aufbau positiver Beziehungsfähigkeit ( im Rahmen der Therapie in der Regel zu seinen Bezugspersonen Eltern, später generalisierend auf andere Personen ). Das Kind lernt, emotionale und körperliche Nähe anzunehmen und aktiv aufzusuchen. Damit geht eine Verbesserung der Intensität und Qualität sowie der Häufigkeit der Beziehungsaufnahme einher.
Scheuen Sie sich nicht, Themen dieser Art im Rahmen der kinderärztlichen Untersuchen anzusprechen. Durch Kenntnis der Leidensgeschichte und Verhaltensbeobachtung ist die Frage einer Körperkontaktblockierung zu klären. Wir sind auf diesem Gebiet geschult. Sind Sie mit ihrem Kind wegen AD(H)S bei uns in Behandlung, ist die Frage nach einer Körperkontaktblockierung Bestandteil der Diagnostik und gegebenenfalls auch Bestandteil der Behandlung.
Zwei meiner Mitarbeiterinnen, Frau Dipl. Psych. Kerstin Andes und Frau Petra Rautzenberg, staatlich anerkannte Heilpädagogin und Kinderkrankenschwester, und Dr. Kühle haben Weiterbildungen bei Dr. Jansen in seinen Behandlungsverfahren gemacht und verfügen über praktische Erfahrung. Wir stehen Ihnen damit auch für Beratung und Behandlung zur Verfügung.